Das Forum für alle am Thema der Kabeltrassenplanung und dem Kabelrouting interessierten Firmen und Planer

Anlagenplanung-vom P&ID zur Kabeltrasse

 

Wo ist eigentlich der Anfang der Kabeltrassenplanung? Der ist im Kopf eines  Ingenieurs, Anlagenplaners, Meisters, Facharbeiters oder Technikers, der sich eine elegante Methode für eine neue Anlage ausgedacht hat und den Auftrag erhalten hat, dieses zu verkabeln.

 

Ein Anlagenplaner erstellt zuerst ein Fließschema, worin die wichtigsten Komponenten dargestellt werden. Das ist ein ganz grobes Planungskonzept, was allenfalls Stoffströme, grobe Funktionseinheiten und Materialparameter darstellt. Die eigentliche "Geburtsurkunde" einer Anlage ist das R+I  (Rohrleitungs-und Instrumentierungsdiagramm) oder auch P&ID (Piping and Instrumentation Diagramm). In den P&ID´s werden alle (von der Turbine über die Regelarmatur bis zur Ölablassschraube) für das Funktionieren einer Anlage notwendigen Funktionseinheiten dokumentiert und benamst.  Das Besondere ist jedoch die Zuordnung der einzelnen Funktionseinheiten zueinander, die Verbindungen miteinander und die Reihenfolge.

 

Die P&ID´s sind im Planungsverlauf ständig im Stadium der Überarbeitung. Erst mit Abschluss der Arbeiten auf der Baustelle und den nachträglich eingearbeiteten Roteinträgen wird die endgültige Asbuild-Dokumentation erstellt.

 

Generell sind die P&ID´s Papierzeichnungen-also reine 2D-Zeichnungen. Nun gibt es aber auch schon erste Überlegungen, das in 3D zu machen-klingt für Eingeweihte sehr merkwürdig. Die weitere Entwicklung ist hier vollkommen offen und ziemlich neu,  jedoch von der Idee her sehr interessant.

 

Was haben nun die P&ID´s mit der Kabeltrassenplanung zu tun? Aus den Zeichnungen werden die benamsten Funktionseinheiten  (KKS-Bezeichnungen oder TAG´s) in Listen extrahiert, nach mechanischen und elektrischen Komponenten klassifiziert und in Listen geschrieben. Alle elektrische Komponenten (Messgeräte, elektrische Verbraucher) werden dann in Singlelines=Einstrichliniendiagramme, dem elektrischen Pendant der P&ID´s,  funktionell gezeichnet. Aus den Singlelines werden die Stromlauf- und Klemmenpläne generiert, aus denen wiederum die Kabellisten abgeleitet werden. Diese sind  wiederum eine der Grundlagen der Kabeltrassenplanung.

 

Betriebsmittellageplan

Die Start- und Zielpunkte der Kabel werden in Betriebsmittellageplänen dokumentiert. Hier erkennt man, wo die Kabel anfangen bzw. enden und an welchem Betriebsmittel sie angeschlossen werden. Zum Leidwesen der KTP´s bekommt man diese wichtigen Unterlagen sehr spät oder manchmal auch gar nicht.

 

Benennung der Betriebsmittel

Generell gibt es zwei gleichwertige Möglichkeiten, die Bm´s zu benennen. Die Erstere ist nach der reinen verfahrenstechnischen Funktion, dessen bekanntester Vertreter das KKS (Kraftwerkkomponenten-System) ist. Man findet es, wie es der Name schon sagt, hauptsächlich im Kraftwerksbau. Das Geniale an dem System ist die exakte Zuordnung einer Komponente zu genau einer Funktion.

 

Man kann die Benamsung aber auch nach der Örtlichkeit und unabhängig von der Funktion durchführen. Dabei ist der Vorteil in der recht genauen Zuordnung zu einer Lokalität im TAG-Namen gegeben. Man weiß also schon anhand des Namens, wo sich ein Schaltschrank oder Motor befindet. Nachteil ist der enorme Änderungsaufwand, wenn Komponenten örtlich verschoben werden.

 

Richtlinien

Richtlinien (Guidelines) sind von großer Bedeutung, was die Rahmensetzung und begriffliche Bestimmung eines Projekts betrifft. In den Guidelines werden die Leitplanken für die Planung gesetzt, an die sich tunlichst alle Planer und Monteure zu halten haben. Beispiele für die Aufgaben sind z.B. die Begriffsdefinitionen, Kabeltrassenbenamung, Firmenverzeichnis.

 

Das nachfolgende Bild zeigt eine moderne Anlagenplanung, in dem sämtliche Gewerke, wie zum Beispiel der Stahlbau, Gebäude, Rohrleitungen, Kabeltrassen und Anlagenkomponenten integriert sind. Wichtig dabei ist, dass alle Komponenten maßstabsgetreu konstruiert worden sind.

 

Konzepte

Ein Konzept ist i.d.R. nur ein Papier, wo der Verlauf einer Kabeltrasse oder Rohrleitung skizziert wird und einen ungefähren Anhaltspunkt für die Planung darstellt. Als Planer sind Konzepte jedoch die Grundlage der Detailplanung und haben einen großen Stellenwert im Planungsablauf. Auf der Grundlage eines ordentlichen Übersichts- bzw. Lageplans kann ein erstes Kabeltrassenkonzept erstellt werden. Hier werden die Kabeltrassen als Einstrichlinie ganz grob in eine 2D-Zeichnung skizziert. Das Konzept gibt nur einen ungefähren Verlauf von der Quelle (z.B. NSHV) zum Ziel (Verbraucher)wieder; die Linien sind i.d.R. bunt und dick und geben dem Konstrukteur nur die ungefähre Richtung an. Anhand des Konzepts kann auch schon ein erster Entwurf für die Kabellängen erstellt werden.

Die CAD-Welt

Neben der normalen 2D-Konstruktion, die dem Arbeiten mit Papier und Bleistift ähnelt, hat sich in den letzten Jahren zunehmend die 3D-CAD-Anlagenplanung etabliert, die Rechner sind leistungsfähiger geworden und es gibt mehr Möglichkeiten für die Anlagenplanung. Methodisch muss man zwischen der Anlagenplanung und dem klassischen Maschinenbau unterscheiden, wobei die Kabeltrassenplanung der allgemeinen Anlagenplanung zugerechnet wird.

 

Für die Konstruktionsarbeiten im allgemeinen Maschinenbau haben sich CAD-Systeme etabliert, die nach dem Bottom-up-Prinzip funktionieren. Hier werden die aus Bauteilen bestehenden Baugruppen zu größeren Einheiten zusammengesetzt, um dann eine Maschine oder Anlage zu ergeben. Gängige CAD-Systeme sind z.B. proE, Inventor oder CATIA, um nur einige zu nennen. Sie zeichnen sich alle durch eine für den den konstruktiven Maschinenbau leicht verständliche Handhabung aus, stoßen jedoch im Anlagenbau an Grenzen. 

 

Der Anlagenbau benötigt das sogenannte Top-down-Prinzip, wobei eine völlig anders geartete Aufgabenstellung als im Maschinenbau besteht. Im allgemeinen Anlagenbau interessieren nicht die inneren Teile einer Maschine, sondern nur die Oberflächen bzw. die sogenannten Störkanten und die Abstände zwischen ihnen. Das heißt, will man die nach dem Bottom-up-Verfahren konstruierten 3D-Modelle verwenden, schleppt man unweigerlich die einzelnen Bauteile im Inneren der Maschine mit. Dies führt meist zu abstrus großen Modellen, was sich unweigerlich negativ auf die Bearbeitungszeit mit den Anlagenmodellen auswirkt-Stichwort: Drehen und Zoomen des Modells. Will man hierbei zu Potte kommen, müssen die Maschinenbaumodelle um die überflüssigen Bauteile bereinigt werden (sogenannte Schrumpfmodelle). Das kostet viel Zeit und Rechenkapazität und hat sich bisher in der Praxis als untauglich erwiesen. Hier ist definitiv weniger mehr. 

 

Der Anlagenbau benötigt deshalb CAD-Systeme, die eine einfache Handhabung und geringe Modellgröße erlauben und darüber hinaus die Aufstellungsplanung und die Implementierung der sogenannten Verbindenden Leitungen ermöglichen.

 

Zu den verbindenden Leitungen gehören neben den klassischen Rohrleitungen und Lüftungskanälen selbstverständlich auch die Kabeltrassen.

 

Eine kleine Anmerkung zum Thema Parametrisierung: Die Parametrisierung hat sich als ausgesprochener Flop erwiesen. Gründe hierfür sind die Anzahl der möglichen Abhängigkeiten, die nichtlinearen Bezüge im konstruktiven Maschinen-und Anlagenbau und die große Rechnerleistung, die für eine Konstruktion selbst nur kleinerer Bauteile oder Baugruppen benötigt wird. Up- bzw. Downsizing auf Knopfdruck wird es deshalb auf absehbarer Zeit nicht geben und notwendige Anpassungsarbeiten bleibt Handarbeit und den Konstrukteuren vorbehalten.

 

 

Exkursion: Der Zeichnungsstatus-das unbekannte Wesen

Etwas abseits des Themas Kabeltrassenplanung ist der Zeichnungsstatus nur eine Randnotiz, enthält jedoch nichtsdestotrotz eine Menge Konfliktpotential. Generell unterscheiden wir drei wesentliche Statusperioden: Vorläufig (preliminary); Freigegeben für die Konstruktion (for construction) und Endgültig (Asbuild oder auch Final). Letztere ist kurz abgehandelt und besagt, dass die Zeichnung den tatsächlichen Anlagenstand zum Zeitpunkt X darstellt.

 

Vorläufig besagt, dass eine Zeichnung in der Erstellungsphase ist und es i.d.R. noch viel Änderungs- und Konstruktionsarbeit gibt. Alle beteiligten Gewerke und Mitarbeiter sind sich einig, dass es noch eine Menge Planungsaufwand bedarf, um eine Fertigungsfreigabe zu erhalten. Die Zeichnungen werden fleißig umgearbeitet und haben in Folge der Änderungseinträge eine Orgie in Rot über sich zu ergehen.

 

Die zweite Phase beginnt  mit dem Übergang von der vorläufigen Planung zu einem konkreten Konstruktionsplan. Dieser Übergang wird oft begleitet von einem Designreview, in dem alle beteiligten Fakultäten sich zusammensetzen und abschließend mehr oder weniger streng die bisherigen Ergebnisse beurteilen. Es kann auch sein, dass der Konstruktionsleiter aufgrund einer terminkritischen Situation den Übergang alleine beschließt. 

 

Ab der Erstausgabe des "Freigegeben für die Konstruktion"-Status wird es teuer, denn die ist bzw. kann zugleich auch bestellauslösend/sein. Das Ganze wird nun in Stahl und Beton gegossen. Deshalb sind Zeichnungsrevisionen in diesem Status nicht besonders beliebt und werden geradezu gefürchtet. Sie sind aber nicht immer zu vermeiden, wenn man eine saubere Planungsarbeit abliefern muss, denn Fehler passieren am Anfang häufig und müssen dann auch schnellstens abgestellt werden.

 

Und ab und an kann es auch vorkommen, dass eine Zeichnung wieder zurück in den Status "vorläufig" zurückgestuft werden muss. Das passiert, wenn sich fundamentale Randbedingungen geändert haben und die ganze Planung über den Haufen geworfen wurde. 

 

Der gerade skizzierte Planungsprozess ist leider nicht wirklich von allen verstanden worden, ist es doch die Domäne der mechanischen oder elektrischen Konstruktion und wird selbst während des Studiums nur stiefmütterlich bis gar nicht behandelt. IT-Spezialisten oder Kaufleute haben in den seltensten Fällen Verständnis von der Materie. Jedoch entscheiden diese Spezialisten im Normalfall, welche Tools gekauft werden, und mit welchen Programmen der User dann am Ende arbeiten muss. 

 

Dokumentverwaltungsprogramme bzw. solche, die sich aufgrund ihrer Hausmacht dazu zählen wollen, haben erhebliche Schwierigkeiten, den Prozess abzubilden. Sicher gibt es viele gute Programme auf dem Markt, die den Zeichnern und Ingenieuren gute Dienste tun und hervorragend zu händeln sind, jedoch passen viele einfach nicht in eine gleichgeschaltete IT-Umgebung, die meistens nur von einem oder ganz wenigen Programmen diktiert werden.


Die HOAI und die Leistungsphasen (Abschnitt in Bearbeitung)

Für einen Planer sind die wichtigsten Phasen die 3, 5 und 8.

Phase 3 ist der Entwurf und ist in der Regel ein besseres Trassenkonzept (abschließender Zeichenstatus: Entwurf)

Phase 5 hat schon finale Qualität und sollte ziemlich nahe an der Realität sein. (abschließender Zeichenstaus: Ausführung). Normalerweise endet hier die Arbeit der Planer und die Zeichnungen werden an die ausführenden Montagefachfirmen übergeben.

Phase 8 ist der Status für die Monteure auf der Baustelle. Danach wird gebaut, also die Planung wird nun in Stahl und Beton gegossen (Staus: Werks- und Montageplanung).

Diese Phase ist eigentlich den ausführenden Firmen und Handwerken (Nachunternehmern) vorbehalten. Sie ergänzen und überarbeiten die Planung hinsichtlich ihrer Erfahrung, dem aktuellsten Stand der Technik und der Verfügbarkeit des Montagematerials.

Im Anschluss erfolgt Final die sogenannte As-Build- Dokumentation, wo alle auf der Baustelle nach erfolgten Änderungen eingepflegt werden

(siehe auch VDI 6026)



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